Maschinen sicher betreiben - Arbeitsschutz Aktuell News

Maschinen sicher betreiben

Von Maschinen und Anlagen dürfen keine Unfallgefahren oder Gefährdungen für die Gesundheit von Menschen ausgehen. Ein klares Statement, das in Artikel 5 Absatz 1 Punkt (a) der Europäischen Maschinenrichtlinie verankert ist: „Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter muss vor dem Inverkehrbringen und/oder der Inbetriebnahme einer Maschine sicherstellen, dass die Maschine die (…) für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt.“ Wenn das erfolgt ist, hat der Hersteller dies nach Punkt (f) mit der CE-Kennzeichnung der Maschine sichtbar zu machen. Im deutschen Recht ist dieser Sachverhalt im Produktsicherheitsgesetz festgehalten. Hier liegt die Verantwortung also beim Hersteller und nicht beim Käufer oder Betreiber der Maschine. Dieser darf sich darauf verlassen, dass die Maschine sicher ist, wenn er das CE-Zeichen darauf entdeckt.

 

In der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sind dann die Betreiber selbst angesprochen. Die Verordnung stellt eine Spezifizierung des Arbeitsschutzgesetzes dar. Hier sowie in zahlreichen ergänzenden Regeln, Normen und Schriften wird erläutert, wie Arbeitgeber Maschinen sicher betreiben können. „Ziel dieser Verordnung ist es, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu gewährleisten“, heißt es dort in Paragraph 1 Absatz 1 Satz 2. Maschinen fallen unter Arbeitsmittel, die für die Arbeit verwendet werden. Die Verwendung umfasst laut Paragraph 2 Absatz 2 BetrSichV „jegliche Tätigkeit mit diesen. Hierzu gehören insbesondere das Montieren und Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen.“ Das bedeutet, dass die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Maschinensicherheit nicht erst mit der Inbetriebnahme auf den Betreiber übergehen, sondern bereits bei der Installation und Einrichtung. Ein wichtiger Punkt für die arbeitsschutzrechtliche Haftung, falls in dieser Phase bereits ein Unfall passiert.

 

Im Prinzip ist also alles ganz einfach. Der Betreiber kauft eine CE-gekennzeichnete und damit grundsätzlich sichere Maschine und nimmt daraufhin seine Pflichten aus der BetrSichV wahr: „Der Arbeitgeber hat vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten.“ Das steht in Paragraph 3 Absatz 1 Satz 1. Wichtig allerdings der Satz 2: „Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.“ Danach die Umsetzung der Schutzmaßnahmen nach dem bekannten TOP-Prinzip (Vorrang haben technische Schutzmaßnahmen, danach organisatorische, erst zuletzt persönliche). Außerdem die Unterweisung der Beschäftigten nach Paragraph 12 BetrSichV. Und der Laden läuft. Warum aber passieren trotzdem so viele Unfälle an Maschinen?

 

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) registrierte im Jahr 2023 gut 30.000 meldepflichtige Unfälle an tragbaren/ortsveränderlichen Maschinen und Ausrüstungen (6.349) sowie an ortsfesten Maschinen und Ausrüstungen (23.899), davon insgesamt 25 tödliche Unfälle. Dafür gibt es zahlreiche Ursachen, von fehlender Aufmerksamkeit des Verunfallten über unbeabsichtigtes Starten der Maschine bei der Wartung oder Instandhaltung durch Dritte bis hin zur Manipulation der Maschine und der damit verbundenen bewussten Reduzierung ihrer Sicherheit. Da helfen dann leider auch keine Maschinenrichtlinie und keine Betriebssicherheitsverordnung mehr, wenn Bequemlichkeit oder wirtschaftlicher Druck zu solchen haarsträubenden Maßnahmen führen.

 

„Arbeitsschutzfachleute gehen davon aus, dass jeder vierte Arbeitsunfall an Maschinen auf manipulierte Schutzeinrichtungen zurückzuführen ist. Zum Teil enden diese Unfälle für die Beschäftigten tödlich.“ Das berichtet die DGUV. Darüber hinaus sei offenbar jede vierte Maschine in Betrieben manipuliert, habe eine Umfrage des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) von 2019 bis 2022 ergeben. Die Augen der Sicherheitsverantwortlichen in produzierenden Betrieben sollten sich daher nicht lediglich auf das CE-Kennzeichen, die Gefährdungsbeurteilung und auf Unterweisungen richten, sondern gegebenenfalls mit Beistand der Sicherheitsbeauftragten insbesondere auf Manipulationen an den Maschinen achten. Das kann Leben retten.

 

In diesem Februar hat der Dachverband der gesetzlichen Unfallversicherung zudem die DGUV Information 210-007 „Unterweisungshilfe Manipulation von Schutzeinrichtungen verhindern“ herausgegeben. Sie ist unter https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-informationen/4998/dguv-information-210-007-unterweisungshilfe-manipulation-von-schutzeinrichtungen-verhindern zum Download verfügbar.

 

Für Unfälle, die sich durch unbeabsichtigtes Starten der Maschine, beispielsweise bei der Instandhaltung, ereignen, zeichnet sich seit einiger Zeit eine vielversprechende Lösung ab: das sogenannte Lockout-Tagout-Verfahren (LOTO). „Bei LOTO handelt es sich um eine Sicherungsmethode, welche das unbeabsichtigte Wiedereinschalten oder Freisetzen von Energien und Stoffen verhindert, indem das System mit einem systematischen Freischaltprozess ,abgeschlossen‘ und ,gekennzeichnet‘ wird. Der englische Begriff Lockout/Tagout basiert auf den Begriffen ,lock‘ für Schloss und ,tag‘ für Etikett. In einem festgelegten betrieblichen Verfahren werden dabei vor Durchführung von Instandhaltungsarbeiten die notwendigen Trennstellen blockiert oder unbedienbar gemacht und gleichzeitig optisch sichtbar gekennzeichnet“, erklärt die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI).

 

Sowohl Hersteller als auch Betreiber von Maschinen bereiten sich momentan zudem auf den Januar 2027 vor. Denn dann tritt die neue europäische Maschinenverordnung (MVO) in Kraft und löst die Maschinenrichtlinie ohne jegliche Übergangsfrist ab. Zielsetzung ist einerseits eine höhere Verbindlichkeit auf Verordnungsebene, andererseits – inhaltlich – die Berücksichtigung neuer technologischer Aspekte. Da spielen etwa Cybersicherheit, künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge (IoT) eine wichtige Rolle. Durch diese technologischen Aspekte bedarf es einer engeren Vernetzung zwischen Hersteller und Betreiber, die auch den Arbeitsschutz einbezieht, denn die Schnittstellen werden auf dieser digitalen Ebene immer fließender. Und am Ende sollen alle Beteiligten dafür sorgen, dass man die Maschinen sicher betreiben kann.

 

 

 

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