Wenn wir über Berufskleidung und Persönliche Schutzausrüstung (PSA) sprechen, sollte vorher geklärt sein, worin sich beide unterscheiden und welche Zielsetzung sie erfüllen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung klärt auf: „Unter Schutzkleidung versteht man Kleidung, die gegenüber Gefahren bzw. Risiken einen Schutz bietet.“ Der Dachverband der Unfallversicherungsträger führt im Anschluss diverse Beispiele für Schutzkleidung auf, etwa den Chemikalienschutzanzug, Warnkleidung, Schutzkleidung gegen Kälte und Feuerwehrkleidung. Aber auch die Schutzbrille oder der Helm, Arbeitsschutzhandschuhe und Sicherheitsschuhe gehören zur PSA. Schutzkleidung und PSA im Allgemeinen gehört in die Kategorie der persönlichen Schutzmaßnahmen im Anschluss an eine Gefährdungsbeurteilung. Erst wenn durch technische und organisatorische Maßnahmen allein (im Bereich der Gefahrstoffe darüber hinaus zunächst durch Substitution) – das sogenannte STOP-Prinzip –eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, sind persönliche Schutzmaßnahmen vorzunehmen. Das geht aus § 4 der Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) hervor, unter der Nummer 5 wird ausdrücklich betont: „Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen.“
„Bei Schutzkleidung ist es notwendig, dass die Kleidungsstücke in einem geeigneten Prüflabor hinsichtlich verschiedener Eigenschaften geprüft werden“, führt die DGUV weiter aus: „Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt für die meisten Schutzkleidungen eine so genannte Zertifizierung durch eine zugelassene Stelle. Bei der Prüfung der Schutzkleidung werden sowohl die Gestaltung und Ausführung als auch die Schutzwirkung überprüft.“
Und jetzt zur Arbeits- oder Berufskleidung: „Im Gegensatz zur Schutzkleidung wird bei der Arbeitskleidung keine spezielle Schutzwirkung ausgelobt“, schreibt die DGUV: „Im Wesentlichen wird diese Kleidung getragen, um Verschmutzungen o. ä. von der Privatkleidung fernzuhalten. Teilweise wird auch so genannte Zunftkleidung als ‚Arbeitskleidung‘ getragen. Neben dem Effekt, die Privatkleidung zu schonen, wird hierdurch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe gezeigt.“ Darüber hinaus kommen hier oft Aspekte des sogenannten Corporate Designs zum Tragen, der Wiedererkennbarkeit einer bestimmten Marke, eines speziellen Unternehmens. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Schutzkleidung oder PSA und Arbeits- oder Berufskleidung ist darüber hinaus nach § 3 Absatz 3 ArbSchG: Die Kosten für Schutzkleidung werden vom Arbeitgeber getragen. Im Gesetz heißt es wortwörtlich: „Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.“ „Die Kosten für Arbeitskleidung müssen ggf. dann vom Arbeitgeber getragen werden, wenn das Arbeitsverfahren eine ständige und starke Verschmutzung der Arbeitskleidung bedingt und hierdurch für den Beschäftigten eine Gefährdung gegeben ist (siehe z. B. TRGS 505)“, fährt die DGUV fort. Oder vielleicht, wenn der Arbeitgeber explizit wünscht, dass eine einheitlich gestaltete Arbeitskleidung getragen wird. Denn ob er Mitarbeitende zwingen kann, das gewünschte Outfit selbst zu kaufen, dürfte strittig sein – auch wenn die Mitarbeitenden es gern trügen.
Stichwort „Gern tragen“: Akzeptanz durch die Beschäftigten ist ein Problem bei der PSA. In der Tat wird PSA nicht selten und aus unterschiedlichen Gründen nicht angelegt oder angezogen, obwohl die Mitarbeitenden nach § 15 ArbSchG Absatz 1 verpflichtet sind, „nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen.“ Und in Absatz 2 wird es noch deutlicher: „Im Rahmen des Absatzes 1 haben die Beschäftigten insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.“ Hier sind in erster Linie die Führungskräfte sowie die Arbeitsschutzverantwortlichen und deren Multiplikatoren gefragt, immer wieder an mögliche Risiken und die negativen Folgen der Nichtverwendung der PSA zu erinnern. Aber auch die Hersteller bemühen sich inzwischen, mit modischen und attraktiven Designs sowie durch die Auswahl bequemer Schnitte und Stoffe die Akzeptanz fürs Tragen der PSA zu erhöhen.
Der Kreativität sind hierbei jedoch Grenzen gesetzt. Denn die Wirksamkeit der Schutzfunktion einer PSA steht über allen anderen, auch über modischen Überlegungen. Um diese Schutzfunktionen zu gewährleisten, gibt es zahlreiche unterschiedliche Anforderungen, die zumeist in Normen festgehalten sind und anhand derer die Kleidung überprüft wird. Die DIN EN 17353, zum Beispiel, „legt die Anforderungen an die Ausstattung zur besseren Sichtbarkeit in Form von Kleidungsstücken oder Produkten fest, die in der Lage sind, die Anwesenheit des Trägers visuell zu signalisieren“. Sie gilt also, vereinfacht gesagt, für Warnkleidung. In diesem Fall für Warnkleidung bei einem ermittelten mittleren Risiko. Die internationale Norm DIN EN ISO 20471 legt dagegen „Anforderungen an Schutzkleidung fest, die die Anwesenheit des Trägers visuell signalisiert, mit der Absicht, ihn in gefährlichen Situationen bei allen möglichen Lichtverhältnissen am Tage sowie beim Anstrahlen mit Fahrzeugscheinwerfern in der Dunkelheit auffällig zu machen.“ Es geht hier um Gefährdungen mit hohem Risiko. Auf welche Art von Warnkleidung man zurückgreifen soll, ist übrigens im Anhang A beider Normen beschrieben, die dort enthaltene Übersicht liefert eine gute Entscheidungsgrundlage für die richtige und rechtssichere Kaufentscheidung.
Was für die Kreativität gilt, gilt in Teilen leider auch für die Nachhaltigkeit. Auch hier steht die Wirksamkeit der Schutzfunktion vor umweltspezifischen Zielsetzungen. DieSchutzfunktion kann bei komplexen funktionalen Anforderungen gegebenenfalls nicht alle Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen. Es ist jedoch zu beobachten, dass sowohl Hersteller als auch Nutzer bereits an Lösungen für diese technisch teilweise sehr schwierigenHerausforderungen arbeiten.
Nachhaltigkeit könnte auch ein Argument für die Wahl des Beschaffungsmodells für Arbeits- und Berufskleidung sowie für die Persönliche Schutzausrüstung sein. Laut der Studie „Branchen-REPORT Berufs- und Schutzkleidung 2020“ von Marketmedia24 soll der Anteil an Mietservices bei der Arbeitskleidung und bei der PSA bis zum Jahr 2028 auf gut 35 Prozent steigen. Kaufen oder mieten: Das dürfte für jeden Arbeitgeber eine Entscheidung sein, der zahlreiche Argumente und betriebliche Eigenheiten unterliegen. Wichtig ist aber am Ende, dass die Kleidung über möglichst viele Nutzungs- und Reinigungszyklen hinweg ihre Funktionalität, ihre Qualität und damit ihre Sicherheit behält und somit die Sicherheit der Menschen, die sie tragen, gewährleistet bleibt.